Arbeitnehmerüberlassung – Wie lange ist vorübergehend?

In seinem Urteil vom 17. März 2022 hat der EuGH (Az.C-232/20) im Rahmen eines Vorlageverfahrens Auslegungshinweise zur Leiharbeitsrichtlinie, namentlich zur Überlassungshöchstdauer von Leiharbeitern gegeben.

Während gemäß Richtlinie schlicht eine "vorübergehende" Überlassung rechtmäßig sein soll, wurde der nationale Gesetzgeber mit Reform vom 1. April 2017 konkreter und fixierte einer regelmäßige Höchstdauer von 18 Monaten, gestattete dabei allerdings Abweichungen durch Tarifvertrag und exkludierte jede Arbeitszeit, die vor der Reform geleistet wurde.

Der Kläger des zugrundeliegenden Sachverhalts wurde für 55 Monate in der Automobilherstellung als Leiharbeitnehmer beschäftigt und begehrte mit Verweis darauf, trotz entgegenstehender tarifvertraglicher Ausweitung der Höchstdauer, die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

Der EuGH konstatierte zunächst, dass Bezugspunkt des Merkmals "vorübergehend" nicht der Arbeitsplatz selbst, sondern die Überlassungsmodalitäten sind, also die Leiharbeit nicht schon deshalb mehr als nur vorübergehender Natur ist, weil der Arbeitsplatz ein dauerhaft vorhandener ist. Außerdem müsse in die Berechnung, anders als dies § 19 Abs. 2 AÜG bisher regelt, auch eine vor dem 1. April 2017 liegende Beschäftigungszeit einfließen, wenn ein Mitgliedsstaat eine (grundsätzliche) Höchstdauer definiert hat. Letztendlich solle es aber Aufgabe des nationalen Gerichts sein, zu entscheiden, wann eine"vorübergehende" Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz bei demselben entleihenden Unternehmen "vernünftigerweise" nicht mehr angenommen werden kann bzw. wann eine Leiharbeit unter Berücksichtigung von branchentypischen Besonderheiten als missbräuchlich zu betrachten ist. Eine Ausdehnung per Tarifvertrag hält der EuGH jedenfalls nicht für unionsrechtswidrig.

Die Unsicherheit, die mit der Abstraktheit der Richtlinie einhergeht, hat man jedoch, so scheint es, nicht beseitigen wollen.

Autor
Felix Grünebaum, wissenschaftlicher Mitarbeiter
Veröffentlicht am:
6/4/2022
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